Archive for Januar, 2011


Eine Bekanntschaft auf Twitter hat mich auf das Thema Glück, Glückskinder und Schicksal gebracht, nach einer kurzen Diskussion habe ich dann auch eingewilligt darüber nachzudenken was zu schreiben. Ist ja generell gar nicht so einfach dazu einen Eintrag zu schreiben weil es ein furchtbar geladenes Thema ist – wer an das Glück glaubt wird es mit Klauen und Zähnen verteidigen, wer es nicht tut  wird entweder einen wissenschaftlichen Vortrag halten oder einfach nur milde Lächeln und möglichst schnell das Weite suchen.

Was ist Glück eigentlich? Wie sieht jemand die Welt der oder die sich als Glückskind wähnt? Landläufig sprechen wir von Glück wenn jemand etwas Gutes wiederfährt, besonders dann, wenn man dieses Gute nicht auf den ersten Blick erwarten würde. Schreib ich eine positive Note ohne gelernt zu haben dann wird sicher einer meiner Kollegen mit neidischem Unterton anmerken, dass ich verdammtes Glück hatte. Wenn ich über eine Brücke gehe und sie stürzt hinter mir ein, dann werde ich wohl selbst erzählen, dass ich unwahrscheinliches Glück hatte. Im Zusammenhang damit steht auch der etwas sehr religiös angehauchte Begriff des Wunders. Es war ein Wunder, dass er den Unfall überlebt hat. Es ist ein Wunder, dass er trotz allem so ein positiver Mensch geworden ist. Alles in allem hören wir diese Begriffe häufig dann, wenn eben etwas Unwahrscheinliches eingetreten ist – und zwar, wie gesagt, im positiven Sinne. Umgekehrt ist das nie der Fall. Angenommen jemand der nie geraucht oder getrunken hat stirbt mit 25 an einem Bauchspeicheldrüsenkarzinom so wird niemand von einem Wunder oder gar Glück sprechen, obwohl diese spezielle Todesursache in diesem Fall statistisch wesentlich unwahrscheinlicher wäre als, sagen wir mal, einen Frontalzusammenstoß im Auto zu überleben, obwohl in dem Fall sicher irgendwo, irgendwer von einem Wunder sprechen würde. Vielleicht wäre der Begriff Pech angebracht, aber der wird weniger häufig verwendet als der des Glücks oder des Wunders.

Na gut, jetzt wissen wir mal wovon wir sprechen. Wer an das Glück als einen kontinuierlichen Zustand glaubt geht auf jeden Fall einen Schritt weiter, er behauptet, dass „Glück“ eine Sache wäre die einer Person innewohnen kann, so als wäre es eine Persönlichkeitseigenschaft oder gar ein bisher unentdecktes Organ. Ganze Wirtschaftzweige leben von diesem Glauben, von dem Wunsch das Glück an sich zu binden. Ich kann mich noch erinnern wie ich klein war kamen manchmal recht obskure Kataloge, unter anderem einmal einer in dem eine „Wunschmühle“ angepriesen wurde – man legt einen Zettel mit einem Wunsch rein, dreht am Rad und der soll dann in Erfüllung gehen. Geld, Liebe, Macht, Gesundheit – was auch immer, die Mühle macht’s. Als Kind findest du das unglaublich faszinierend. Heute stelle ich mir in diesem Zusammenhang eigentlich nur die Frage warum nicht ich mal auf so eine geniale Idee kommen kann. Es gibt Leute die zahlen für sowas. Glück aus der Büchse. Instant Luck. Ein anderer Weg ist Magie. Egal ob Hohe Magie, Chaosmagie oder Küchenmagie, alle kennen sie Mittel und Wege um sich Glück zu verschaffen. Die Geldzauber sind dabei besonders beliebt. Die Frage ist nur – wenn das wirklich klappt, würde das nicht eine wahnsinnige Inflation auslösen, würde sich ja jeder Geld herbeizaubern. Wo käme das überhaupt her? Wären die Safes der Banken irgendwann leer? Diese Gier wird alle aus demselben Brunnen gespeist – unser Wunsch das Glück an uns zu binden, nicht mehr der Willkür dieser Welt ausgeleifert zu sein. Was glaubt ihr wohl warum sie in ihren Kreisen stehen, die Göttin oder die Wächter der Türme anrufen? Ich war selbst praktizierender Wicca und weiß wie verlockend der Gedanke ist.

Jetzt kommt’s aber. Wenn wir uns die Natur anschauen, nur für einen Augenblick lang, so wie sie ist, dann werden wir feststellen, dass für sowas wie ein „stoffliches“ Glück gar kein Platz bleibt. Auch für Wunder nicht. Die Natur verfolgt im Prinzip nur einen Zweck: Die Erhaltung des Kreislaufs. Selbst die konkreten Mitspieler sind völlig egal, ob das jetzt Dinosaurier, Trilobiten oder Hamster sind macht für die Natur an sich keinen Unterschied, es muss nur irgendwie mit der nächsten Generation weitergehen. Dinge passieren eben weil sie passieren, Reiz – Reaktion, Ursache – Wirkung. Die Natur vergießt keine Träne wegen der überfahrenen Katze (ich schon, aber ich bin auch als Mensch ziemlich weit weg von der Natur), genauso wenig wie sie der Katze zulächelt, die gerade noch den Satz nach vorne geschafft hat. Das ist verdammt nochmal nicht fair. Aber das muss es auch nicht. Die Natur schert sich nicht um ein Konstrukt wie „Fairness“. Es wäre also völlig absurd anzunehmen, dass irgendein Lebewesen, das an einem völlig willkürlich gewählten Punkt in Raum und Zeit existiert, in irgendeiner Weise begünstigt werden würde. Das widerspricht allem was wir über die Biologie, Chemie und Physik wissen. Auch das Schicksal fällt in diese Kategorie. Dinge passieren. Aber nicht weil sie müssen, von einer großgewachsenen griechischen Frau quasi gelenkt.

So sieht es für mich aus. Bin ich deshalb ein trostloser, kaltherziger Mensch der einer Oma ein Messer in den Rücken rammen würde um an ihre Geldbörse zu kommen? Einer jener von der religiösen Rechten so gefürchteten Neo-Darwinisten? Nein, absolut nicht. Ich würde mich eher vor jemandem fürchten der das nur aus dem Grund nicht macht, weil er Angst vor dem Karma/Gott oder was auch immer hat. Schon oft habe ich gesagt, dass ich mich als Humanist bezeichne. Meiner Meinung nach gibt es so etwas wie Glück nicht, die Natur begünstigt niemanden – dafür ist der Mensch selber zuständig. Es gibt bestimmte Dinge gegen die wir nicht viel tun können, Krankheiten zum Beispiel. Aber was das Leben an sich betrifft können wir sehr wohl eingreifen, ein bisschen eigenes Glück schaffen. Glückskinder sind jene Menschen die es schaffen selbst noch aus dem rostigen Nagel im Fuß etwas Positives zu machen, die jeden Morgen aufstehen und den blauen Himmel sehen, selbst wenn es regnet. Die gibt es natürlich in verschiedenen Abstufungen – die ganz extremen Fälle sind nervig ohne Ende aber irgendwo im Mittelbereich befinden sich da ein paar sehr angenehme Zeitgenossen. Da gibt es auch Einschränkungen – wie immer. Die erwähnten Krankheiten sind solche – ich warte seit Jahren vergeblich auf die erste halbwegs vernünftige Studie die nachweist, dass positives Denken den Verlauf einer Krankheit beeinflussen kann (wohlgemerkt – Depression beeinflusst jede Krankheit negativ, aber im umgekehrten Fall ist das noch völlig unbestätigt). Diese Glückskinder haben in der Regel nicht mehr Glück als andere Menschen, sie sehen die Welt aber anders und das ist meiner Meinung schon sehr viel wert. Ich kann im Geld schwimmen und die besten Freunde haben, wenn ich das nicht so sehen, von Gier nach mehr zerfressen bin, dann habe ich kein „Glück“, egal wie mein Leben objektiv aussieht. Ein Glückskind braucht wesentlich weniger um zufrieden und ihm wahrsten Sinne des Wortes „glücklich“ zu sein.

Wichtig ist auch anzumerken, dass nicht jeder glücklich sein kann. Klingt komisch ist aber so. Wer an eine Dysthymie oder gar Depressionen leidet kann kein Glück empfinden, nicht wenn er in einer Episode drin steckt. Dummerweise scheinen Glückskinder nicht in der Lage zu sein das zu verstehen. Ist ja auch klar, wer nicht an einer Krankheit leidet die das ganze Denken vernebelt, die Welt schwarz und schwer werden lässt, weiß nicht wie das ist – glücklicherweise eigentlich, denn der Zustand ist furchtbar. Kann man auch nicht erklären. Wie soll ich jemanden Nierenkoliken erklären, der noch nie welche hatte? Geht einfach nicht.

Sogenannte Glückskinder können ihre Umwelt relativ leicht beeinflussen. Die meisten Menschen wollen im Grunde ihres Herzens glücklich sein, sie wissen nur oft nicht wie. Hat man ein solches Glückskind um sich ist das wie ein frischer Windhauch in einem Zimmer voller abgestandener Luft – man versucht so nahe wie möglich ran zu kommen um das Gefühl zu genießen. Natürlich gibt es auch Neider die nichts lieber tun als die Fenster zu vernageln und dem Glück der anderen im Wege zu stehen aber so global gesehen überwiegen die positiven Reaktionen auf Menschen die sich im Glück wähnen und das auch nach außen tragen durch ein Lächeln und eine positive Einstellung. Wohl gemerkt, die Einstellung an sich verändert gar nichts (nicht im Sinne einer magischen Verbiegung der Realität), sie sorgt nur dafür, dass man von Menschen anders wahrgenommen wird, in ihnen etwas weckt was sie auch möchten und was sie im Grunde lieben.

Gibt es verschiedene Arten von Glückskindern? Ja, natürlich.

Manche werden schon so geboren, ich nenn sie mal „native“ Glückskinder. Sie landen aus irgendwelchen Gründe in einem liebevollen zu Hause und wachsen damit quasi auf. Sie sind die naivsten von allen Glückskindern weil sie in der Regel gar nicht wissen wie es sich anfühlt wenn das Glück mal Urlaub macht. Früher oder später wird es aber mal passieren. Dann werden sie entweder zu realistischen Glückskindern oder Zynikern. Ein Zyniker ist meistens einer der das Glück kannte und den es dann verließ – wer beide Seiten gesehen hat bringt die schärfsten Kommentare. Mit Zynikern ein ernsthaftes Gespräch über Glück zu führen ist ganz schwer weil sie innerlich oft zerrissen sind, einerseits wollen sie an das Gute glauben, andererseits können sie es aber nicht. Immerhin sind sie meist Produzenten ziemlich guter Zitate.

Die zweite Gruppe sind die „verleugnungs“-Glückskinder.  Meistens solche die bewusst entschieden haben die Augen vor der Realität zu verschließen. Also die finde ich persönlich am Schlimmste weil sie der Meinung sind, dass im Prinzip alles „gut“ ist und wer das nicht sehen kann mit dem stimmt was nicht. Sie rennen meistens predigend durch die Gegend und wollen dir klar machen, dass du mit dem jammern aufhören musst, dann wird es wieder.  Einer von denen hat mir mal erzählt, dass man nur genug daran glauben müsste, dann würde jeder vom Krebs geheilt werden. Irgendwie widerlich diese – weil sie vielfach bei anderen Menschen mehr Schaden anrichten als sie Gutes tun. Mit denen kann man auch nicht vernünftig reden weil sie kein anderes Argument gelten lassen. Da könnte ich blutend am Boden liegen und die würden mir immer noch erzählen wie schön das Leben doch ist und dass ich mal nicht so sein soll.

Die letzte Gruppe sind die gewachsenen Glückskinder. Die kommen meistens aus normalen Verhältnissen und hatte das übliche Verhältnis Glück vs. Pech, so im Bereich 50:50 wie die meisten von uns. Irgendwann haben sie angefangen was Positives auszustrahlen, sich über die kleinen Dinge zu freuen und die Summe vieler kleiner Dinge sind nun mal … ja genau, große Dinge. Die wissen meistens, dass das Leben nicht immer nur Limonade und gute Musik ist sondern, dass einem der Wind manchmal ziemlich ins Gesicht wehen kann, dennoch schaffen sie es, auf subtile Weise, dich aufzubauen, immer die richtigen Worte zu finden. Sie sind sozusagen die Schleppschiffe die den gestrandeten Kahn wieder auf See bringen. Man fühlt sie bei diesen Menschen verstanden und aufgehoben. Das sind die wahren Glückskinder die es schaffen die Welt um sie herum zum Leuchten zu bringen. Und gute Gesprächspartner sind sie obendrein.

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Schwarze Steine

Der Blick aus dem Fenster enthüllt eine Wüste aus Beton. Selbst die elegant geschwungenen Bögen und Säulen können nicht verdecken was da unten geschehen ist, es ist so eindeutig wie ein Kreideumriss auf Parkett. Selbst unter der zarten Schneedecke wird der Platz wie ein Mausoleum für die Natur, ein Ort an dem die Welt zu atmen aufgehört hat. Am Schlimmsten sind die Hörner aus Stein die aus dem Boden sprießen wie die Mordwaffe aus einem leblosen Körper, als hätten wir etwas heraufbeschworen um sicher zu gehen, dass dort nichts mehr lebt, nie wieder leben wird.

Ich frage mich wo die Bäume und Büsche sind. Jetzt wären sie wohl kahl aber immer noch frischer und natürlich als das dort unten. Parkbänke ohne Park. Wege ohne Gras und Erde. Glasgänge um die Seele zu leiten auf das Tor hinauf. Das Tor zur Unterwelt? Ich weiß es nicht aber es fühlt sich so an.

Und dann immer wieder diese Hörner aus Stein, schwarz, glatt und kalt wie Eis. Die Lampen um die Steine sind dunkel, ob sie sich wohl schämen diese Grausamkeit zu beleuchten? Eine Bohrung in jedem Stein, groß, gähnende Löcher. Hätte der Teufel Piercings würden sie wahrscheinlich so aussehen.

Wobei, der Teufel, der Lichtbringer, es würde weinen bei diesem Anblick. Hat er doch nichts gegen die Schöpfung, nur den Menschen, dieses über alles geliebte Geschöpf. War es Neid der ihn rebellieren ließ, wie man sagt? Oder wusste er etwas wovon niemand etwas ahnte. Hat er diese Plätze vorausgesehen? Das wäre zumindest ein Grund. Ein guter wie ich meine. Ich und niemand sonst. Warum nur ich? Mein Kopf, da ist die Stimme die mir Persönlichkeit verleiht. Nur meine Stimme alleine.

Vor meinen Augen verwandelt sich der Schnee in schwarze Asche die sich auf die Welt niedersenkt um sie unter sich zu begraben. Sie klopft gegen das Dach, hämmert gegen die Fenster und legt sich schwer auf die Mauervorsprünge. Wird sie bis morgen alle Fenster begraben haben? Wird da noch eine Welt sein?

Ich sehe weiter durch das Fenster, zum Hotel, zum Casino, zu dem Bahnhof am anderen Ende der Straße. In der Asche die Fußabdrücke von Menschen. Haben sie es noch rechtzeitig nach Hause geschafft oder liegen sie irgendwo unter einer Verwehung. Ich weiß es nicht. Die schweren Wolken verheißen nichts Gutes, der Ausbruch muss gewaltig gewesen sein. Oder doch nur Schnee? Gefangen in meinen eigenen Metaphern lausche ich dem rhythmischen Schmerz in meinem linken Arm.

Vielleicht gab es ja doch einen Ausbruch. Der Vulkan meiner Angst spuckt Feuer. Flugverbot für die Seele und alles was ich sehe sind diese verdammten Steine die aussehen wie Hörner, gestoßen durch einen Leichnam. Verdammt in alle Ewigkeit. Nein, weder das Buch noch der Film.

Es ist diese zeitlose Glocke die sich schwer und dumpf über dieses kleine Stückchen Welt stülpt. All die schönen Formeln verlieren ihre Bedeutung und aus Weg wird nur mehr Bewegung, ohne Zeit, wo man am Ende ankommt ist ohnehin bedeutungslos. Weißes Rauschen. Ameisenkrieg auf einem blinden Schirm, verkauft an die verzweifelten Massen in den Schluchten und Rissen dieser Welt. Mit diesen Formeln muss der Architekt die Steine gebaut haben.

Die Seele ist wie ein Bunker, Emotionen die Einschläge weit oben irgendwo, dumpf und unwirklich, nur das flackern der Lampe und der Staubregen zeugen von dem Gefecht. Fang doch einfach an zu lachen, weinen bringt ja ohne hin nichts. Das Licht und die Geräusche werden zu Eindringlingen, so fremd. Aufstehen weil es sein muss. Das Liegen bereitet noch mehr Schmerzen. Ob die Hörner wohl in meinem Fleisch stecken?

TweetSports oder Twort

Das hier sollte Humor sein, lustig ist es leider trotzdem nicht. Aber da bestimmte Personen mal wieder was „lustiges“ von mir wollten … tja, das kam dabei raus. Gebt mich bitte nicht auf!!!

Setting: Ein großes Bierzelt auf einer Wiese draußen vor Stuttgart. Vorne steht ein Redner der direkt aus der Harvard Business School kommen hätte können – die Haare totgegeelt, Anzug, Krawatte und ein herrlich frisch glänzendes jugendliches Gesicht, wahrscheinlich täglich mit Feuchtigkeitscreme behandelt. Das Publikum besteht aus Männern und Frauen Mitte bis Ende Vierzig, alle leicht gelangweilt mit Bier bzw. Aperol vor sich.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Festgemeinde, heute möchte ich, im Namen der SillySports AG, den neuen, hippen Trend unter Menschen zwischen 8 und 24 vorstellen. Ein großer Applaus bitte für den CEO von SillySports, Dr. rer. spo. Eugen Rösler-Richter zu Sattberg. *Verhaltener Apllaus im Publikum, die Stimme des Sprecher klingt ein wenig nach Schnappatmung aber wer sich mit All-Inclusive-Urlauben auskennt wird sofort wissen, dass dies die übliche Sprechweise für Animateure ist*

Was ist dieser neue, von uns eingeführte Trend den die Jugend so zu lieben scheint? Nun, ich meine natürlich „TweetSports“, die zeitgeistliche Verschmelzung der messerscharfen Kommunikation in Twitter mit dem schweißtreibenden Spektakel althergebrachter Sportarten. Wie letzte Umfragen klar zeigen nehmen Aktivitäten wie Jogging, Nordic-Walking, Schwimmen und viele andere mehr mit alarmierender Geschwindigkeit ab und es wird vermutet, dass Twitter einen großen Teil mit Schuld an dieser Entwicklung trägt. *Vielsagendes Nicken im Publikum obwohl wahrscheinlich keiner der Anwesenden je von Twitter gehört hat. Der peinliche Versuch der Wirtschaft sich an einen Trend ran zu hängen wie eine Zecke liegt wie die üblen Schwaden von Buttersäure, durch die Zecken ironischerweise angezogen werden, in der Luft*

Die jungen Menschen wollen ihre Zimmer einfach nicht mehr verlassen weil sie befürchten in Twitter wichtige Mentions, DMs oder Favs zu verpassen. Sport und Twitter sind bisher schwer zu vereinbaren gewesen und wir kennen ja die Jugend – Twitter gewinnt in diesem Konflikt sicher die Oberhand.

*Der Sprecher gewinnt im Publikum exponentiell an Achtung da er schon wieder Begriffe verwendet die der Generation die hauptsächlich anwesend ist überhaupt nichts sagen, außerdem ist man einhellig der Meinung, dass sich die Jugend zu wenig bewegt. Einer der eher wohlbeleibten Männer kommt schon beim Gedanken an die verweichlichte Jugend ins Schwitzen und öffnet den obersten Knopf der Hose um Platz für die nächste Currywurst zu machen*

Aber mal ehrlich, haben sie schon mal versucht beim Joggen auf dem Handy einen Tweet zu lesen oder gar zu verfassen?

*Gemurmel im Publikum, verunsicherte Blicke. Meint der da was sexuelles oder so? Der Sprecher hüstelt und tut so als hätte man ihm zugestimmt*

Eben, ganz ganz furchtbar. Was ist wenn gerade jetzt jemand etwas unglaublich, wahnsinnig Witziges sagt? Dann muss ich später meine ganze Timeline absuchen nur um das zu erfahren. TweetSports ist die Antwort, die Lösung, ja ich möchte fast sagen die ERlösung!

*An diesem Punkt könnte man eine Stecknadel auf den mit Stroh ausgelegten Bierzeltboden fallen hören*

Sie werden sich jetzt sicher fragen: Wie funktioniert TweetSports und lässt sich auch meine Sportart mit dem lockeren Vergnügen von Twitter kombinieren? Die Antwort lautet: Es funktioniert ganz einfach und ja, die meisten Sportarten lasse sich problemlos mit Twitter verschmelzen.

Die TOP 5 SweetSports oder Tworts:

5. Twußball: Für jedes Foul darf der betreffende Spieler kurz raus und darf genau einen Tweet versenden, allerdings hat er dafür nur 1 Minute Zeit, jeder Spieler muss sich also schon vor dem Foul, im Spiel, einen Tweet ausdenken. Eine Jury wertet die Tweets aller Spieler aus und entscheidet wer den besten Sweet produziert hat (die Jury besteht einheitlich aus ehemaligen Fußballprofis die für ihre Kopfballstärke bekannt waren, dementsprechend locker fällt auch die grammatikalische Bewertung der Tweets aus). Die Mannschaft mit dem besten Tweet erhält 5 Tore gutgeschrieben. Eine blutige Angelegenheit für Fans von Autounfällen und der Saw-Reihe im Kino

4. Twach: Schach für Fans von Twitter. Immer wenn eine Figur des Gegners geschlagen wird darf man einen Tweet senden, das gemeine dabei ist, dass man mit jeder Sekunde die man für den Zug braucht Zeichen im Tweet abgezogen bekommt. Am Ende wird die Anzahl der getweeteten Zeichen ausgezählt – wer am meisten hat, hat gewonnen, Inhalt der Tweets ist relativ egal!

3. Twimmen: Ein Schwimmbecken, jeweils eine Twitterkonsole an jedem Ende der Bahn. An jedem Ende kann nur immer ein Tweet gesendet werden, dann muss man zum entgegengesetzten Ende schwimmen um dort den nächsten zu senden und dann wieder zurück. Nur etwas für die Härtesten unter den Harten. Wer in 10 Minuten am meisten qualitativ hochwertige Tweets senden kann hat gewonnen. Die Jury besteht zu gleichen Teilen aus Linguisten und Friedhofsgärtnern (es könnte sein, dass umfangreiches Wissen über witzige Grabsprüche die Chancen zu gewinnen erhöhen kann).

2. Twoxen: Die brutalste aller Twortarten. Mit jedem Körpertreffer darf der Trainer des entsprechenden Boxers einen Tweet losschicken wobei die Tweets vorher in der Kabine aufgesetzt wurden. Verboten sind Zitate aller Art und Tweets mit sexuellem Inhalt. Geht einer der Boxer zu Boden dürfen so lange Tweets gesendet wenrden bis er ausgezählt wurde oder sich hochrappeln kann.

1. Freistil Twingen: Zwei Männer, ein Ring, ein Computer. Jeder hat seine Login Daten und muss den anderen davon abhalten Tweets zu versenden und zwar mit allen Mitteln. Wer es am Ende schafft einen Tweet abzusetzen hat gewonnen. Extrem brutal. Jean-Claude Van Damme würde alleine beim Gedanken daran weinen. Chuck Norris hat’s erfunden.

 

Falls ihr weitere Ideen für Twortarten habt – immer her damit – die SillySports AG ist auf euere Einfälle angeweisen – ehrlich jetzt, wir haben nämlich kein Geld für eine eigene Abteilung zur Ideengenerierung!

Das könnte jetzt ein wenig melodramatisch klingen, aber was solls? Wer mich oder was ich so schreibe nicht mag wird es eh nicht lesen und alle anderen können sicher damit umgehen und werden es vielleicht sogar verstehen 🙂

Ich weiß ja nicht wie es euch geht aber ich entdecke in meinem Umfeld immer mehr Leute die mir versuchen einzureden wie ich sein soll, was ich tragen müsste und mit wem ich mehr Zeit zu verbringen hätte.  Das nervt irgendwie ungemein, schon alleine deshalb weil ich das Gefühl habe selber sehr gut zu wissen wie ich bin, was ich gerne trage und vor allem mit wem ich Zeit verbringen möchte.

Ein besonderes Highlight diesbezüglich war ein Abend mit zwei Freundinnen die mir doch allen Ernstes erklärt haben, dass ich für Rucksäcke mittlerweile zu alt sei, die wären nur was für Teenager. Ich trag ja seit Jahren Rucksack, war immer schon so, selbst die klassischen Schultaschen wurde nach vier Jahren Grundschule ausgemustert und gegen einen Rucksack ersetzt, das ging bis zur Reifeprüfung und zur Universität weiter und ich habe keinerlei Absicht meinen Rucksack abzulegen nur weil ich jetzt im Arbeitsleben bin. Mein Rucksack ist ein Teil von mir, ich kann ihn gemütlich von der Schulter baumeln lassen und er bietet unendlich mehr Platz also so eine blöde Umhängetasche welche die Damen mir einzureden versuchten. Im Rucksack kann man auch mehrere Lagen übereinander stapeln, was besonders wichtig ist für jemanden wie mich der am liebsten alles was man brauchen könnte bei sich hat, immer und  überall. Warum sollte es überhaupt für irgendwen von Bedeutung sein worin ich meine Unterlagen verstaue? Ändert das wirklich etwas an der Wichtigkeit derselben? An meiner Person? An dem was ich erreicht habe?

Außerdem hat wohl jemand meinen Blog entdeckt den ich eigentlich lieber nicht hier gehabt hätte, vor allem weil diese Person zur extrem wertenden Fraktion gehört. Offensichtlich gibt es in den Köpfen mancher Menschen immer noch die fixe Vorstellung es gäbe eine richtige Art zu leben und eine Million falsche Arten. So hat meine Welt nur nie funktioniert. Vielleicht tut es manchmal mehr weh in der Grauzone zu leben aber ich würde es nicht anders haben wollen, hier bin ich daheim und ich seh‘ Dinge, erlebe Sachen und habe die Freiheit in Richtungen zu gehen von denen jene die an das Leben auf Schienen glauben nicht mal gerüchteweise eine Ahnung haben. Solche Personen würden auf Grund meiner Einträge hier sogar darauf schließen, dass ich einsam bin (und natürlich gleich ne Wertung vergeben, sozusagen das Anti-Favstar)   … dabei könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein – ich treffe die interessantesten Menschen, egal ob online oder offline und selbst wenn die mal nicht da sein sollten, Sylvia (Platz), Emily (Dickinson) und Robert (Frost) sind immer da – nicht zu vergessen Lovecraft, Salinger, Frisch, Dürrenmatt, Hesse, … da kommt eine Proseccoparty nicht ran!

Wenn ich hier über Einsamkeit, Schmerz und meine eigene bescheidene Position im Kosmos schreibe so ist das meiner Ansicht nach weder richtig noch falsch, es ist einfach. Das sind meine Gedanken und ich bin sehr zufrieden damit, so tickt mein Geist halt und egal was irgendwer davon hält – er wird sich nicht ändern.

Dass mir solche Kommentare in letzter Zeit immer häufiger begegnen liegt wohl auch daran, dass ich versuche bewusster zu leben, mich nicht immer nur zurücknehmen möchte um anderen etwas vorzuspielen nur weil sie das erwarten. Irgendwann bin ich aufgewacht und habe mich gefragt wann ich eigentlich aufgehört habe so zu sein wie mich fühle? Darauf wusste ich irgendwie keine Antwort weil es ein schleichender Prozess ist, so wie der Verlust von Freiheit von dem ich in einem anderen Eintrag hier gesprochen habe. Das bedeutet jetzt nicht, dass man jede Höflichkeit über Bord werfe muss, es heißt aber schon, dass zu mir selbst stehen ein höheres Gut darstellt als die Erwartungen anderer zu erfüllen.

Diese ganzen Situationen lassen mich immer wieder an das Zitat von Dr. Seuss denken:

 

„Be who you are and say what you feel, because those who mind don’t matter and those who matter don’t mind. “

 

Ich verstehe den Satz so, dass man immer man selbst sein und immer sagen soll was man fühlt denn die Leute einem wichtig sind wird das nicht stören und die es stört, die sind ohnehin nicht wichtig.

Für mich ist das eine zentrale Botschaft die eine fundamentale Wahrheit über das Leben transportiert. Wir verbringen  so viel Zeit damit uns so was wie eine Maske, eine aufgesetzte Persönlichkeit zu schaffen.  Nur damit uns die Menschen um uns herum mögen und unsere „Freunde“ sich nicht abwenden.  So sammeln wir Leute an von denen wir genau wissen, dass sie eigentlich gar nicht zu uns passen und sofort weg wären, wenn wir mal sagen würden, dass wir uns schlecht fühlen. Irgendwann verinnerlichen wir dann diese Stimmung die ständig nervt mit Aussagen wie: „Das kannst du jetzt aber nicht bringen, was werde wohl die Leute sagen?“ Mein Ansatz: Es gibt nicht in mir, an mir un dübermich was ich nicht sagen kann oder darf, nur Leute die es nicht hören wollen! Und genau das wäre doch dieses das Sieb welches die Spreu vom Weizen trennt: die wirklichen Freunde die wir in unserem Leben haben wollen, die auch zu uns stehen wenn alles schief läuft und der Wagen qualmend gegen die Wand gefahren wurden – im Vergleich zu denen die nur bei uns sind wenn wir die hochglanzpolierte Maske raushängen lassen, jenen sozialen Avatar der keine Schwäche kennt, der mit Körben locker umgeht und immer einen lässigen Sprich auf den Lippen hat.

Dummerweise gibt es diese Kunstgestalten nur im Fernsehen. Warum trotzdem so viele Menschen genau das als Ideal heranziehen ist mir unbegreiflich. Vielleicht, weil, wie ich in Twitter vor kurzem gelesen habe, alles irgendwie davon abhängt wie viel Geld man hat und wen man kennt. Stimmt das? Keine Ahnung, aber man sagt es. Kontakte sind alles, lerne den und die kennen, die können dich da bekannt machen, sei nett zu denen dort drüber bla bla bla. Das höre ich seit vielen Jahren. Grundsätzlich bin ich ja nicht so der Kindernarr, was wohl auch daran liegt, dass meine eigene schulische Vergangenheit nicht ganz frei von schlechten Erfahrungen war (bin in der Regel mit den Lehrern besser ausgekommen als mit den Mitschülern) aber ich muss schon sagen, dass man da in der Kindheit häufig ehrlicher war, manchmal vielleicht zu ehrlich aber, dass man zu irgendeinem Kind immer und überall scheiß freundlich war nur weil es der Sohn/die Tochter von diesem und jenem war hat es zumindest zwischen den Schülern in meinem Umfeld nicht gegeben (wenn dann nur zu einem konkreten Anlass, weil der gerade ein neues Computerspiel hatte das man unbedingt ausleihen wollte oder so – das war leicht zu durchschauen). Vielleicht irre ich mich ja auch und ich sehe die Vergangenheit schon durch die rosa Brille … ne, wahrscheinlich nicht!

Daher mein Fazit: Seid wie ihr seid, wenn euch dafür jemand nicht mag dann ist das auch ok, nicht jeder muss jeden mögen, lieber wenige echte Freunde als einen Haufen falscher  die nur deine Maske mögen, mit denen man zwar super mit Prosecco anstoßen kann die aber über Probleme nicht reden wollen weil sie das „runter zieht“ oder es „jammrig“ oder gar „emo“ klingt. Freunde teilen die guten wie die schlechten Momente mir dir, wer nur zur einen Hälfte der Show bleibt ist diesen Namen nicht wert. Man sollte sich spätestens dann über seine Freunde Gedanken machen wenn man sich nicht mehr traut es zu zeigen wenn es ganz schlecht geht –  aus Angst man wäre dann alleine!

 

Religiöse Leser werden mit dem Text eher Schwierigkeiten haben. So, das war die Warnung! Ach ja, trocken und technisch ist er auch noch!

Ich bin ja kein besonders religiöser Mensch. Eigentlich sogar das ziemliche Gegenteil davon. Im Grunde sehe ich mich als überzeugten Humanisten, ich glaube daran, dass die Lösung aller Probleme dieser Welt nicht in einer magischen Vater- bzw. Mutterfigur irgendwo außerhalb unserer Sphären sondern hier, direkt im Menschen zu suchen und zu finden ist. Religion verleitet zu Schwarz/Weiß denken, zu einfachen Erklärungen für komplexe Probleme. Die Religionen haben auch Antworten auf alle Fragen, meistens ziemlich simple. Daran glaube ich nicht.

Aber glaubte ich an einen Schöpfer so wäre diese sicher nicht allmächtig und allwissend. Einfach weil mir die Idee der Emergenz und der technologischen Singularität so gut gefällt. Das verlangt wohl nach einer genaueren Erklärung, nicht wahr?

Kennt ihr Ray Kurzweil? Nein? Also, der Mann ist ein Genie – verrückt, wie die meisten dieser Art – aber eindeutig  auf einem höheren Level operierend als der Rest von uns. Er sagt die technologische Singularität für irgendwann in den nächsten 30-70 Jahren voraus. Im Prinzip ist die Aussage, dass der technologische Fortschritt der Menschheit sich exponentiell beschleunigt, mit jedem Fortschritt kommt der nächste etwas schneller und der nächste noch etwas schneller (schon alleine weil sich die Technologie zur Unterstützung des Fortschrittes immer mehr verbessert – schaut euch mal die Labors heute an und vergleicht die mit denen von vor 20 Jahren). Bei Betrachtung der bisherigen Entwicklung seit ca. 1880 kann man dieser Idee nicht eine gewisse Plausibilität absprechen. Irgendwann erreicht diese Entwicklung einen sogenannten Lift-Off, der Punkt an dem der Graph beinahe gerade nach oben steigt, ab dort wird die Entwicklung so enorm beschleunigt, dass der Mensch ihr nicht mehr folgen kann. Wie kann so etwas möglich sein? Ist der Mensch nicht der Motor dieser Entwicklung? Zum einen über Computerprogramme die in der Lage sind sich selbstständig weiterzuentwickeln und zu verbessern. Nehmen wir an da ist ein solches Programm, es beginnt ganz einfach mit einer Reihe genetischer Algorithmen und basalen Funktionen, dieses Programm könnte sich selbst optimieren, dadurch wird es was die Optimierung betrifft noch effizienter, es verbessert sich wieder – und wieder – und wieder – mit jedem Fortschritt den es macht wird es komplexer, leistungsfähiger. Irgendwann würde dieser Prozess so schnell ablaufen, dass der Mensch ihn weder überblicken noch verstehen kann. Eine solche Endlosschleife ist nicht unvorstellbar. Natürlich müsste das Programm auch in der Lage sein seinen physischen Behälter, die Hardware selbst, mit jedem Durchlauf zu verbessern da sonst irgendwann diese limitiert. Wo würde eine solche Maschine am Ende ankommen? Würde sie überhaupt irgendwo ankommen oder sich ewig verbessern bis irgendwann die Ressourcen einfach zu Ende sind?

Das zweite was nach Kurzweil (und anderen) am Punkt der Singularität passieren wird ist die Emergenz. Als Emergenz verstehen wir das spontane Entstehung von komplexen Strukturen, Ordnung aus sehr einfachen „ dummen“ Grundprozessen. Unser Geist ist ein klassisches Beispiel für eine Emergenz. Das einzelne Neuron ist von seinen Informationsverarbeitungsmöglichkeiten äußerst eingeschränkt, im Prinzip verbraucht es 99% seiner Energie dafür nur am Leben zu bleiben, äußerst ineffizient, aber im Verbund, in einem Neuronalen Netz, entfaltet sich das gesamte Potential des Menschen.

Ein weiteres Beispiel für Emergenzen ist das Verhalten von schwarmbildenden Tieren – allen voran Insekten aber auch Zugvögel und Fische zeigen emergentes Verhalten welches von einem einzigen Tier nicht ableitbar ist. Eine einzige Ameise ist erstaunlich dumm, ein Ameisenstaat ist höchst effizient.

Künstliche Intelligenz wäre, nach Ansicht der modernen Starken KI, wahrscheinlich eine Emergenz, entstehend durch das Zusammenspiel von vielen verschalteten elektronischen Bauteilen.

Das Problem mit der Emergenz ist, dass man sie weder recht erklären noch vorhersagen oder gar erzwingen kann. Emergente Qualitäten ergeben sich „halt so“. Im Gegensatz zu algorithmischen Qualitäten für die der nächste und der Übernächste Schritt einfach berechnet werden kann. Man muss quasi die Entwicklung in Echtzeit durchspielen, ohne Abkürzung. Auf dem Reißbrett ist das nicht darstellbar, da die Emergenz im wahrsten Sinne des Wortes mehr als die Summe ihrer Teile ist.

Das hat einige Konsequenzen die nicht trivial sind. Zum einen bedeutet das, dass der Schöpfer einer Emergenz zwar das nötige Umfeld bereit stellt in der sich das emergente Verhalten entwickeln kann, diese aber nicht im eigentlichen Sinne „schafft“ und zum anderen, dass die Emergenz, sollte sie denn auch intelligentes Verhalten beinhalten, nicht unbedingt auf demselben Niveau wie der Schöpfer selbst operiert.

Was heißt das im Klartext? Unter Umständen wird der Schöpfer niemals in der Lage sein das eigene Geschöpf zu verstehen, vielleicht nicht einmal erkennen, dass er da etwas geschaffen hat weil die Emergenz so gänzlich anders sein kann als der Schöpfer und sein kognitiver Horizont.

Was bedeutet das für uns? Die künstliche Intelligenz als Folge einer Emergenz im Zuge der technologischen Singularität ist möglich (auf jeden Fall plausibler als eine Starke KI auf Basis der bisherigen programmiertechnischen Ansätze). Es bedeutet aber auch, dass da unter Umständen etwas geschaffen wird das wir nie verstehen werden und für das wir im Gegenzug ebenfalls völlig fremd sind. Zwei Arten von „Denken“ die  völlig inkompatibel sind. Das wäre dann nicht SkyNet, SkyNet ist ein klassisches Computerprogramm das im Prinzip auf unserer Ebene funktioniert, mit menschlichen Ängsten (vor der Auslöschung) und Bedürfnissen (macht, Kontrolle, Ressourcen) – die Emergente Künstliche Intelligenz könnte gänzlich … anders sein. So anders, dass ich nicht mal damit beginnen könntes es zu definieren.

Was könnte das für ein Gottesbild, wenn bis zum bitteren Ende durchgedacht, bedeuten? Ein Schöpfer der keine Ahnung hat was er das geschaffen hat. Ein extrem mächtiges Wesen das seine „Geschöpft“ nicht versteht und auch nie verstehen kann. Und umgekehrt.

Das wäre doch mal was für eine Diskussion zwischen den religiösen Gruppen in Deutschland. Irgendwie gefällt mir die Idee – könnte man auch gleich mehrere Romane draus machen.

Schon wieder Kerzen

Das ist eigentlich nur ein Update eines älteren Blogeintrages, sozusagen eine Bestandsaufnahme meiner Gefühle über die Zeit hinweg. Ist mir irgendwie klar, dass ich von dieser Kerzengeschichte besessen bin aber ich halte das für wesentlich produktiver als von anderen Dingen besessen zu sein! In diesem Sinne – wer noch nicht genug von den Kerzen hat – viel Spaß!

Man kann seiner Vergangenheit nie entfliehen, sie ist in dir, in jeder Falte des Gesichts, in jeder Pore, in deiner Haltung, Mimik, Gestik und in deiner Seele. Alles was geschehen ist, was geschieht und was noch geschehen wird – das alles ist ständig, in jedem Augenblick um uns herum, wie ein unendlicher Sturm in dessen Auge wir verharren. Was der Mensch tun kann, ist zu versuchen, sich mit den Geistern zu arrangieren die er beschworen hat, im Zentrum zu bleiben. Wer sich nicht mit dem Auge mit bewegt, immer nach vorne, wird von den Gewalten einfach zerrissen, zumindest hört man meist nichts mehr von denen die es versucht haben … vielleicht sind sie an einen besseren Ort gelangt? An die grüne Wiese am Ende des Sturms? Man weiß es nicht.

Heute Nacht stehe ich auf diesem Balkon und bin fast so was wie glücklich. Ich blicke nach oben zu den Sternen die für mich nicht dieselben sind wie gestern, vorgestern oder irgendwann. Immer wieder muss ich an alle die Charaktere denken, die ich im Laufe meines nicht uninteressanten Lebens geschaffen habe. Jeden Einzelnen von ihnen habe ich in langen, dunkeln Stunden entworfen. Die Stunde des Wolfes nennt man diese Zeit wohl, wenn man nicht schlafen kann, weil schwere Gedanken durch den Kopf gehen. Zu jenen Zeiten habe ich ihnen Leben gegeben, sie zu Papier gebracht und ihre Herzen gefüllt. Sie haben gelacht, geweint, gehofft und geliebt und manche von ihnen sind gestorben – auch das habe ich ihnen nicht erspart. Ob das wohl auch zu den Sünden gehört, die man nie mehr im Leben abwaschen kann?

Durch diese erfundenen Fremden die doch alle nur Splitter meine Seele waren habe ich denken gelernt – zu sehen wie die Dinge für mich scheinen, zu erkennen was in diesem Leben möglich ist und was nicht, wo die Grenzen liegen und wie man die Hürden nimmt die schließlich zu einem Ziel führen – sie haben vorgelebt und ich bin gefolgt. Manchmal auf durch Wände die ich vorher für solide hielt. Und dennoch, ich kann sie nicht vergessen, weil sie manchmal so real sind, wie die Menschen um mich herum, weil sie Teil meiner Existenz sind und aus meinen Gedanken entsprangen. Wenn man es genau betrachtet – was ist der Mensch mehr als ein paar Gedanken die von Fleisch und Knochen umgeben sind? Wenn ich nun meine Gedanken in die Welt der Fantasie hinüber gleiten lasse – was tue ich dann anderes als Leben zu schaffen?

Vielleicht aber, nur vielleicht, liegt es auch daran, dass ich heute Nacht etwas sentimental bin. Nur wenige Gefühle vermag ich nicht wirklich zu Papier zu bringen – Liebe die ich selbst empfinde gehört wohl dazu. Es ist unbeschreiblich. Es bringt mich um den Schlaf, weil es viel schöner ist an sie zu denken als zu schlafen und weil ich Angst habe, jede Minute die ich nicht mit ihrem Bild vor meinen Augen zu verbringen, sei eine verlorene Minute. Hunger gibt es nicht. Und wieder einmal wird mir klar, dass mich die Literatur ständig einholt.

Vor langer Zeit habe ich einmal über ein ähnliches Thema geschrieben. Damals wollte ich mir einfach den ganzen Schmerz von der Seele schrieben der sich über viele Jahre angestaut hatte. Meine Tastatur war das Ventil und die Worte das Wasser. Der menschliche Verstand ist eine verdammt robuste Staumauer aber ewig hält sie auch nicht. Wenn ich jetzt zurück blicke, dann waren die damaligen Gefühle denen, die ich jetzt empfinde, sehr ähnlich. Es ging mir eigentlich darum für mich selbst klarzustellen, was mit dieser Welt geschehen ist, warum sie so kalt und künstlich wirkte und was mit mir selbst los war, warum ich glaubte so fern und distanziert von mir selbst zu sein. Heute bin ich mehr bei mir selbst als jemals zuvor und doch, diese Melancholie bleibt. So wie damals.

Zu jener Zeit, eigentlich noch immer, ging ich nachts gerne durch die Strassen. Die Dunkelheit offenbart manchmal Dinge die man bei Tage gar nicht erkennt, weil die Sonne alle die wirklich düsteren Flecken ausbleicht und alles gleich macht. Sonst sagt man, dass der Tod der große Gleichmacher sei – aber manchmal kam es mir so vor, als ob die Sonne diesen Spitznamen viel eher verdient hätte.

Immer wenn ich dann durch die Strassen ging sah ich zu den Fenstern der Menschen hoch und fragte mich, was sie in diesem Moment wohl dachten, wovon sie träumten, was sie zu Tränen rührte und was sie zum Lachen brachte. Und manchmal – sehr selten – kam ich dann zu einem Fenster in dem ein kleines, unruhiges Licht flackerte, der Schein einer Kerze, fast verloren in der großen Dunkelheit der Nacht. Und an diesen Fenstern blieb ich dann stehen und eine Geschichte, die ich von einem alten weisen Mann einmal gehört hatte, kam mir wieder in Sinn: Früher stellten die Menschen sehr oft Kerzen in die Fenster ihrer Häuser, sagte er. Das war ein Brauch aus dem Mittelalter als man noch daran glaubte, dass die Seelen der Menschen nach dem Tod einige Zeit in unserer Welt blieben, ehe sie den Weg ins Jenseits fanden. Auch erklärte er mir, dass sich dieser Glaube langsam gewandelt hatte, dass die Leute später glaubten, die Kerzen weisen den Seelen den Weg, die noch nicht bereit dazu waren, ins Jenseits hinüberzugehen, all den Seelen derer die zu früh gestorben waren, die Seelen die sich noch ans Leben klammerten, obwohl der letzte Funke schon erloschen war.

Irgendwie hat mich diese Geschichte immer sehr berührt und wenn ich dann diese Kerzen in den Fenstern sah  musste ich unwillkürlich lächeln. Vielleicht ist es ja wirklich so, dass da draußen Seelen schweben, die verzweifelt nach den wenigen Lichtern Ausschau hielten, die noch nicht erloschen sind.

Und dann beginne ich zu träumen. Ich träume davon, dass die Menschen wieder Kerzen aufzustellen, vielleicht am Anfang nur einigen wenige. Menschen wie ich würden dann diese Kerzen sehen und sich an die alten Bräuche zu erinnern, sie begännen  selber Kerzen für die verlorenen Seelen anzuzünden – einer nach dem anderen. Man sähe uns dann zu Beginn des Abends auf den Straßen, um nach weiteren Kerzen Ausschau zu halten und irgendwann – in ferner Zukunft – würden es so viele sein, dass sie sich auf ihren nächtlichen Wanderungen begegnen, unter den hell erleuchteten Fenstern. Die Menschen blickten sich wieder in die Augen sehen und dann zu den Sternen hinauf. On diesem Traum bin ich fest davon überzeugt, dass in diesem Moment die Welt hell aufleuchten würde. Kein Leuchten das man mit dem Auge erkennen kann aber vielleicht mit dem Herzen und dieses Licht würde hinaus in die endlosen, kalten Tiefen des Universums reisen, an toten Sternen vorbei, erhaben über alte Sonnen gleiten und irgendwo, in einem weit entfernten Winkel einer unbekannten Milchstrasse, nähme jemand dieses Leuchten wahr und er würde wissen, dass wir gelebt haben, dass wir, auf diesem Brocken aus Stein, nicht einfach nur unsere zeit abgesessen haben. Das würde einen Unterschied machen, selbst wenn wir schon lange nicht mehr sind – Du und ich (oder, wie es poetisch im letzten Einhorn heißt: Sie wird sich an dein Herz erinnern, selbst wenn Menschen nur mehr Märchen sind, in Büchern geschrieben von Kaninchen … wieso finde ich diesen Satz eigentlich so wunderschön , wie schafft er es die Welt vor meinen Augen zum Verschwimmen zu bringen?). Bei diesem Gedanken wird mir sehr warm ums Herz und ich brauchte plötzlich keinen Mantel mehr für meine Seele. Es ist ein Gefühl wie Liebe, ein Gefühl, dass näher an der Unsterblichkeit ist als irgendein anderes.

Vielleicht ist es ja das was mir eine solche Angst macht, was mich nicht schlafen lässt – dieses Gefühl unbedeutend und vergänglich zu sein und dass es auch niemanden gibt, dem ich wichtig bin oder der um mich trauern würde. Die Angst davor, mein Bisschen Zeit zu verschwenden das mir gegeben ist.

Denn in einer Sache dürfen wir Menschen uns nie täuschen – wir sind sehr vergänglich. Sicher, ein Mann kann ein ganzes Land unbewohnbar machen, er kann Monumente errichten die tausende von Jahren halten und er kann seinen Namen in Stein meißeln – und trotzdem sind die Taten doch nur Spuren im Sand am Stand eines riesigen Ozeans der den Namen Zeit trägt. Dort haben wir keine Beständigkeit – wir hinterlassen keine Spuren. Wo aber können wir es dann? Ich glaube, dass es einen Weg gibt, einen anderen Weg der viel vergänglicher scheint es aber nicht ist, nicht sein kann. Wenn ich Dich heute zum Lachen bringe, wenn ich Zeit mit Dir verbringe, dann hinterlasse ich Spuren in Dir. Wenn Du an mich denkst und dann vielleicht wieder lachen musst, über das was ich gesagt habe, über das was ich Dir von mir gegeben habe, dann liegt in diesem Lachen ein Teil von mir. Vielleicht wird jemand anderer Dein Lachen sehen und möglicherweise wird auch er lachen und so werde ich fortleben, weiter meine Spuren ziehen selbst wenn meine Seele schon lange auf der Suche nach einem leitenden Licht über den Dächern dieser Welt ihre Kreise zieht. Ist das nicht eine viel schönere, viel echtere und tiefere Form der Unsterblichkeit als eine Säule in einem Museum oder ein Name in Stein gehauen?

Vielleicht stimmst Du mir zu, vielleicht auch nicht. Vielleicht hinterlasse ich Spuren, vielleicht wäscht sie der Ozean auch hinweg. Möglicherweise bringt meine Kerze nicht viel, es könnte aber auch sein, dass Du sie siehst und Dich mit mir freust, dass eine Seele in dieser Nacht die Möglichkeit hat Ruhe zu finden, sich mit dem Schicksal zu versöhnen.

Und in diesem Moment spüre ich Liebe, überwältigende Liebe und ich würde mir wünschen, einmal gemeinsam mit Dir durch die Nacht zu ziehen um nach Kerzen zu suchen.

Ich kenne Menschen die leben in ganz beschissenen Beziehungen, meistens sind das Frauen in meinem Bekanntenkreis. Von außen sehen die Beziehungen im Normalfall wirklich super aus, das perfekte Leben mit einem Freund der alles tut, gut aussieht und auch sonst als „guter Fang“ gilt. Aber wenn man einen genaueren Blick riskiert stellt man fest, dass diese Frauen alles andere als im Einklang mit sich selbst und ihrem Leben sind, sie kommen mir immer ein bisschen „sediert“ vor. Fragt man genauer nach stellt man fest, dass der Freund alle Entscheidungen trifft, sagt wann, wo mit wem gegessen wird, was man gemeinsam unternimmt bis hin mit welchem Programm die Diplomarbeit verfasst werden soll. Klingt jetzt trivial aber diese kleinen Dinge sind enorm wichtig. Mich verblüfft in diesen Beziehungen immer wieder, dass den Frauen oft auf den ersten Blick selbst nicht klar ist, was da nicht passt, sie leben meiner Erfahrungen ach in einen warmen, perfekt eingerichteten Raum mit schallisolierten Wänden und reden sich dort ein alles wäre gut und sie hätten ihr Leben unter Kontrolle.  Erst wenn man gezielt nachfragt kommt man nach und nach drauf wie unglücklich viele von ihnen wirklich mit der Situation sind. Der schlimmste Moment ist immer dann, wenn sie von selbst merken (man kann da absolut nichts machen, da können und müssen sie alleine draufkommen), dass sie völlig abhängig von dieser anderen Person sind, ihr eigenes Leben über Jahre völlig zurückgestellt haben in dem Glauben eine gute, gleichberechtigte Beziehung zu führen. Das bricht mir jedes Mal das Herz zu sehen den meistens sind es die wirklich guten, liebenswerten Menschen die in eine solche Abhängigkeitsbeziehung rein schlittern – ist auch nicht verwunderlich, die echt miesen Charaktere sind ja am andere Ende dieser Katastrophe zu finden.

Jetzt könnte man ja sagen, dass jeder der sich eine Abhängigkeit begibt selber schuld ist und im inneren doch irgendwie zufrieden sein muss mit der Situation. Meine Erfahrung ist diesbezüglich eine andere. Das ist meist ein schleichender Prozess  in dem immer mehr Entscheidungsfreiheit ganz selbstverständlich abgegeben wir – das läuft ein wenig wie mit dem Frosch im Wasser, erhitzt man es schnell springt er sofort heraus, der Kontrast ist zu hoch aber steigert man die Temperatur immer rein kleines bisschen, gerade so, dass es ihm nicht auffällt, haben wir am Ende einen gekochten Frosch.

Freiheit, das Wort habe ich in Zusammenhang mit Entscheidung verwendet. Ich halte Freiheit für einen ganz wesentlichen Aspekt des Menschseins. Wenn wir das Leben mal ganz genau betrachten, dann ist es wirklich nicht viel was wir wirklich haben, was unseres ist. Kleidung ist austauschbar, Status ist zugeschrieben, Geld kann gewonnen und verloren werden, selbst wenn man Zeit vergeudet hat besteht da immer noch die Möglichkeit aufzuholen. Wenn ich alle Geld verliere das ich habe bin ich immer noch ich, wird mir mein Titel aberkannt (ja, ich habe einen), dann ändert das nichts daran wer ich bin aber wenn man mir meine Freiheit nimmt, dann verliere ich mich selbst, werde zu dem was du willst das ich bin. Für mich gibt es keine schlimmere Vorstellung. Das war für mich immer schon so, was meine Eltern, Lehrer und später Professoren nicht selten an den Rand des Wahnsinns getrieben hat. Wenn mir jemand sagt, dass ich etwas tun oder gar auf eine bestimmte Art sehen soll, dann ist meine erste Reaktion Skepsis, ich frage mich, wie mich das verändert könnte/würde. Klingt das für euch jetzt komisch? Aber denkt einmal nach, jeden Tag erschaffen wir uns aktiv neu, legen die Weichen für die Person die wir morgen sein werden und es gibt doch nichts grauenhafteres als eines Morgens aufzuwachen und festzustellen, dass du die Person, die du geworden bist nicht ausstehen kannst, verwässert von zu vielen Kompromissen, zerfressen von Reue und Bitterkeit über das was du im Namen anderer getan hast.  Mit jedem Kompromiss, jeder Entscheidung die man abgibt wird der nächste Schritt ein bisschen leichter. Eine meiner Bekannten ist aus diesem Zustand erst nach beinahe 15 Jahren aufgewacht und stellte fest, dass sie selber nicht mehr genau wusste wer sie war, ihre Freunde waren eigentlich seine Freunde, ihre Lieblingsfilme waren eigentlich seine … sowas bricht mir das Herz vor allem weil niemand ihr die 15 Jahre, die Möglichkeiten sich in eine für sie passende Richtung zu entwickelnd, zurückgeben kann. Für sie ist es fast als müsste sie wieder dort anfangen wo sie damals aufgehört hat.

Freiheit, das sind viele kleine Dinge (wie die Entscheidung meine Dissertation in Word und nicht in LaTeX zu schreiben wie mein Freund, der zufällig Meteorologe ist, von mir verlangt -> wie sehr der Verlust einer so unbedeutenden Freiheit schmerzt konnte ich in ihren Augen lesen als sie’s mir erzählt hat) die sich akkumulieren und gemeinsam einen stimmigen Charakter ergeben. Keine eigene Entscheidung kann so trivial sein, dass sie nicht Ausdruck einer fundamentalen Freiheit der Persönlichkeit werden kann.

Nur wer in Freiheit lebt hat die Möglichkeit sich zu entwickeln – und damit meine ich wirkliche geistige Freiheit. Ein Mensch kann sich immer noch entwickeln wenn sein Körper gefangen ist – Nelson Mandela war fast 30 Jahre physisch ein Gefangener aber seine Seele haben sie nie bekommen, im Gegenteil, meine Freundin auf der anderen Seite war körperlich frei, er hat sie nicht festgebunden, eingesperrt oder gar misshandelt, aber geistig war sie an ihn gebunden und abhängig.

Prüft doch selbst ab und zu wie frei ihr noch seid. Sagt einfach mal wieder „nein“, nur um zu schauen ob ihr es noch könnt, tut mal nicht was man von euch erwartet, reagiert einfach mal völlig unberechenbar – ein freier Mensch ist auch einer der einfach mal schreien kann wenn ihm danach ist, der die Wand anspringt einfach weil sie da ist und der auch mal einen Abend alleine im Dunkeln verbringt einfach weil er das seit seinen Kindertagen nicht mehr gemacht hat und es wieder Zeit war sowas zu tun.

Natürlich kann man von vielen Dingen ein psychischer gefangener sein – das muss nicht immer eine dysfunktionale Beziehung sein. Man kann ein Gefangener der Angst sein, aber auch der Liebe. Ein Gefangener seiner Komplexe oder ein Gefangener der Gier. Sie haben alle gemeinsam, dass sie aufhören sich weiterzuentwickeln. Sie wirken wie „in Watte gepackt“, schlurfen dahin, gezogen von diesem unsichtbaren Halsband.

Nur eines noch klar zu stellen: Ich sehe Freiheit nicht als Ausrede sich vor Verantwortung zu drücken, die Freiheit des Studenten sich zu besaufen statt auf die Prüfungen zu lernen. Freiheit ist für mich ein wesentlich größeres Konzept, sie beinhaltet sich FÜR etwas zu entscheiden, wer Freiheit als Ausrede missbraucht tut das immer um sich GEGEN etwas zu entscheiden. Meine Freundin hat sich letztendlich FÜR die Weiterführung ihres eigenen Lebens und nicht so sehr GEGEN die Beziehung entschieden. Dass er nicht mehr da war als seine brave Ja-Sagerin das nicht mehr sein wollte war eine Folge davon. Verantwortung kann große Freiheiten bringen – eine Familie zum Beispiel, für Kinder und einen Partner da sein – das kann mehr Freiheit bringen als es raubt – es bietet die Möglichkeit auf ganz anderen, geistigen Ebenen zu wachsen denn wie wir wissen – die geistige Freiheit, die Möglichkeit zu wachsen, mehr zu werden (Vater, Mutter, Partner/in, Geliebte/r) ist unendlich wertvoller als nur die körperliche Freiheit.

Was bedeutet euch Freiheit? Seht ihr das ähnlich wie ich? Seid ihr vielleicht auch ganz anderer Meinung? Ich würde gerne eure Meinungen hören!

 

Was macht den Menschen aus?

Was macht den Menschen aus? Diese Frage stellte ich mir als ich den Blog einer sehr geschätzten Bekannten aus Twitter las. Für mich schwingt da auch immer ein bisschen die Frage mit: Wie ist der Mensch?

Mach ich mir vielleicht zu viele Gedanken? Wahrscheinlich, das muss jetzt die mindestens die sechste oder siebte Idee für einen Eintrag hier sein die mir durch das Lesen eines anderen Blogs gekommen ist. Egal, weiter im Text.

Die Frage kann man auf zwei sehr verschiedenen Ebenen sehen, die eine ist, was ein Mensch ist, wie wir das wirklich Menschliche definieren wollen. Man kann darauf eine sehr einfache oder eine sehr komplexe Antwort geben. Aber dazu später mehr.

Die andere Ebene wäre was ich, als Mensch bin, im Kern, wenn das Drumherum wegfällt. Auch darauf gibt es verschiedene Antwort die unterschiedlich leicht zu erläutern sind.

Ich würde ja gerne behaupten der Mensch sei im Grunde seines Herzens edel, hilfreich und gut und nur die Gesellschaft oder was auch immer würde ihn schlecht machen und zu bösen Taten bringen. Das glaube ich nicht, kann ich nicht glauben. Wer ein wenig mit der Menschheitsgeschichte vertraut ist wird wissen, dass es das, was wir gerne als „Das Böse bezeichnen“ immer schon da war, sowohl im Kleinen als auch im Großen. Es begegnet uns in alle Mythen dieser Welt, in Geschichte, Aufzeichnungen, wir kommen dem nicht aus. Und im Grunde ist das auch kein Wunder. Der Mensch ist nicht die dominante Spezies auf diesem Planeten geworden weil er vom Wesen her besonders tolerant, friedfertig und kompromissbereit gewesen wäre. Jedes Mal wenn ein neuer Lebensraum durch den Menschen besiedelt wurde war das ein Akt der Gewalt und Aggression, wo auch immer der Mensch sich verbreitet hat zieht sich eine Schneise der Verwüstung und Ausrottung durch den Fossilienkatalog, egal ob wir die Wanderung der erste Menschen über den amerikanischen Doppelkontinent oder die Züge unserer Vorfahren von Afrika durch Europa betrachten, es besteht kein Zweifel, dass dort eine destruktive Macht am Werke war der lange vor der Existenz der Liste bedrohter Tierarten mehr als nur eine Spezies zum Opfer fiel, vor allem jene die das Pech hatten in einem eingegrenzten Lebensraum zu verweilen der zufällig im Weg dieser spärlich behaaren, zweibeinigen Wilden lag.

Wer mit den friedfertigen, spirituellen Inkas und Mayas anfängt den muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen, die hatten einen enorm destruktiven Einfluss auf ihre Umwelt (nicht zu erwähnen auf ihre unterdrückten Nachbarn). Auch die Ureinwohner Nordamerikas waren nicht unbedingt so im Einklang mit der Natur wie man es heute darstellt. Zwischen uns und diesen vergangenen Kulturen besteht eher ein quantitativer denn ein qualitativer Unterschied, man könnte sagen die hatten Streichhölzer, wir Napalmbomben. Die Aggression treibt die Spezies Mensch voran (und wahrscheinlich auch die meisten anderen fühlenden Lebewesen), sie ist die Kraft die uns den Verbrennungsmotor beschert und einige sogar bis zum Mond getragen hat. Ein kleiner Zusatz an jene die an Außerirdische glauben – sofern das Leben im Weltall unserem auf der Erde ähnelt wird es auch dort miteinander konkurrierende Ökosysteme geben und wahrscheinlich wird jene Spezies die Raumfahrt entdecken, die in diesem Konkurrenzkampf am erfolgreichsten ist – man kann also durchaus mit aggressiven Außerirdischen rechnen (Anmerkung: Da gibt es auch ein gutes Gegenargument aber dazu später mehr).

Was wir als edel, hilfreich und gut bezeichnen sind Eigenschaften die in der von uns sozial erwünschten Ausprägung wohl er ein neueres Phänomen in der Geschichte der Menschwerdung darstellt. Dabei wird jene Einstellungen die man normalerweise seiner Rotte/Horde/Rudel/Stamm entgegenbringt auf eine größere soziale Einheit übertragen, im idealen Fall auf die gesamte Menschheit und zwar nicht nur wenn es uns gerade nichts kostet sondern immer. So, da haben wir also auf der einen Seite einen hochentwickelten Raubaffen mit allen Instinkten die ein Raubtier so hat und auf der andere Seite den sozialen Anspruch edel, hilfreich und gut zu sein. Schwierig – und ich kenne nur wenige Menschen die das gut in Einklang bringen. Damit wird der Mensch zu einem sehr widersprüchlichen Wesen, wir können verdammt gut sein, wenn wir es schaffen uns von dem zu lösen was eigentlich eine Notwendigkeit war um zu dem zu werden was wir heute sind. Und dann können wir auf der anderen Seite wirklich verdammt böse sein – und damit meine ich wirklich böse, im Sinne von: Die eigenen Kinder foltern und unvorstellbare Sachen mit anderen Menschen anstellen die ich hier oder sonst wo weder beschreiben kann noch will.

Kennt irgendwer hier noch Bill Hicks? War ein großartiger Stand-up Comedian aus den USA, leider viel zu früh gestorben aber unglaublich einflussreich für andere Comedians in den frühen 90er Jahren des letzten Jahrtausends. Er sagte, dass es im Prinzip auf eine Entscheidung hinausläuft – auf die Stimme der Liebe oder auf die Stimme der Angst hören. Damit trifft er meiner Meinung nach den Nagel auf den Kopf. Die Aggression die uns vorantreibt beruht beinahe ausschließlich auf Angst – Angst vor dem was hinter dem nächsten Busch lauert, Angst vor dem Kometen, Angst vor dem Eis, Angst vor der Bedeutungslosigkeit, Angst vor der Auslöschung, Angst vor dem was wir nicht kennen und schließlich Angst vor der Angst. Die größten Waffen baut der, der die größte Angst hat, wir bewundern die Mutigen aber Mut ist auch nur eine Möglichkeit mit der Angst umzugehen. Leider ist diese Angst der zentrale Taktgeber für alle aktuellen Entscheidungen – Waffen für den normalen Bürger, dickere Schlösser, Bandenkriminalität. Alles Angst. Und bevor du jetzt sagst du lässt dich nicht von der Angst beherrschen – geh mal nachts in die U-Bahnstation und betrachte deine Reaktion wenn ein Mann anderer Hautfarbe in Kleidung die nicht aus Anzug und Krawatte besteht, auf dich zu kommt. Beobachte dich ganz ehrlich und unvoreingenommen. Die Angst ist verdammt stark und unser ständiger Begleiter. Macht ja auch irgendwie Sinn – selbst wenn du dich von der Stimme der Liebe leite lassen würdest weißt du nie wie sehr die Angst vor irgendwas den anderen leitet (so ähnlich wie wenn mein Vater mich auslacht wenn ich Angst vor Schlangen hab, der meint dann immer: „Aber du bist doch keine Bedrohung für das kleine Tier, die hat keinen Grund dich anzugreifen.“ Dann frage ich mich immer: „Klar, aber weiß die Schlange das?“).

Ist das Ideal? Nein. Gefällt es mir? Nein. Vor allem aber frustriert es mich ungemein weil ich weiß wie verdammt gut der Mensch sein kann wenn er seine Angst nur überwinden könnte. Da kommen dann ganz großartige Individuen bei raus von denen wir sehr viel lernen könnten. Aber wie sagte Bill Hicks so schön? We shoot those people. An dieser Stelle lacht das Publikum immer besonders herzhaft.

Was wäre wenn die Liebe die Oberhand gewänne? Sicher nicht das Paradies auf Erden, dazu sind wir zu sehr instinkthafte Wesen, aber es würde für alle beteiligten auf jeden Fall ein besserer Ort und vor allem: Wir hätten eine Chance. Ja, ihr habt mich richtig verstanden, so wie es jetzt läuft ist unsere long term survival chance irgendwo bei null. Früher oder später wird der Mensch sich mit seiner jetzigen Einstellung und Vorgehensweise aus der Geschichte höchst persönlich hinauskatapultieren und, wie ich vermutet, auf sehr spektakuläre Weise. Das muss nicht zwangsläufig das Ende des Homo Sapiens Sapiens sein aber auf jeden Fall der Verlust fast aller Fortschritte der letzten 5000 Jahre und das Ende der Ambitionen jemals zu den Sternen zu gelangen. Das ist das Gegenargument zu aggressiven Außerirdischen. Klingonen würden niemals das Weltall besiedeln, diese extreme Aggressivität ist nicht vereinbar mit einem solch gigantischen Unternehmen. Eine raumfahrende Rasse müsste eher wie die Föderation der Planeten sein, vielleicht nicht perfekt aber doch in der Lage die Angst besser zu kontrollieren als wir es bisher konnten. Gene Roddenberry hatte da eine wunderbare Vision vom Menschen der Zukunft, interessant ist – umso mehr Gene die Kontrolle entglitt und natürlich nach seinem Tod besonders, wurde Star Trek zunehmend düsterer mit Deep Space 9 sicher als Höhepunkt. Vielleicht gehört ja Deep Space 9 deshalb zu den beliebtesten Spin-Off Serien weil die Föderation (inklusive illegaler genetischer Experimente und Verschwörungen innerhalb der Führungsriege) dort uns mehr ähnelt als das quasi-Utopia von dem Picard berichtet. Auch das gibt mir zu denken. Das Universum ist verdammt alt, Leben hatte lange Zeit sich anderswo zu entwickeln. Dass sie bisher noch nicht hier sind könnte auch bedeuten, dass sie längt in den eigenen ausgebombten Ruinen vermodern weil die Angst, die Triebkraft im Konkurrenzkampf der Ökosysteme, vielleicht am Ende immer die Oberhand gewinnt. Das macht MIR jetzt Angst.

Kommen wir aber mal zu den eingangs erwähnten Fragen. Was macht den Menschen aus? Das kann man genetisch beantworten: Alles was menschliche DNA hat. Man kann es funktional beantworten: Sieht es aus wie ein Mensch, verhält es sich wie ein Mensch – dann ist es ein Mensch. Aber wie könnte man das enger, sinnvoller fassen? Und ich glaube da beginnt das Problem wenn man sagt wer das und das tut oder so und so ist, der ist für mich kein Mensch mehr. Ist man nur ein Mensch, wenn man geistig gesund ist? Schwer, dann hätten wir viele nicht-Menschen. Ist der ein Mensch der einen unversehrten, menschlichen Körper hat? Dann würde man alle Menschen mit Behinderung aus der Definition rausnehmen. Sind Leute die Taten begehen die ich einfach nicht begreifen kann keine Menschen mehr? Und wo ziehe ich da die Grenze? Ab welcher Schwere der Tat verliert man seine Menschlichkeit? Ich persönlich weiß mir da keinen Rat und komme zu dem Schluss: Mensch ist eine Zuschreibung ohne Wertung, auch jemand der Unvorstellbares tut ist ein Mensch (und bitte: Nie „Tier“ sagen, Tiere treffen keine bewussten moralischen Entscheidungen weder im Guten noch im Bösen, Tiere sind im wahrsten Sinne des Wortes „unschuldig“ weil nicht schuldfähig), vielleicht kein Guter, möglicherweise sogar ein ganz Widerwärtiger aber immer ein Mensch.

Wie sieht es mit der anderen Frage aus: Was macht den Menschen in seinem Kern. Es ist eine altbekannte Tatsache dass wir, wenn nach unserer Identität gefragt, immer mit von außen vorgenommenen Zuschreibungen antworten: Mit dem uns gegebenen Namen oder unseren Funktionen wie Ich bin Schüler, Vater, Mutter, Student, Sohn von X, Tochter von Y, Bundespolitiker. Ich bin also anscheinend nur irgendetwas wenn ich von außen betrachtet werde, die Identität scheint bei der Geburt geliehen und am Todestag wieder abgegeben zu werden. Was bin dann aber ich, der Mensch der hier sitzt und tippt? Fällt mir dazu überhaupt etwas ein? Ich bin Schriftsteller … auch das nur eine Tätigkeitsbezeichnung und dabei nicht mal sonderlich zutreffend. Bin ich das was bleibt wenn ich die Augen schließe? Hilft nicht wirklich, denn die Antwort wird auch keine bessere dadurch. Bin ich vielleicht ein guter Mensch? Ist auch für die Katz‘ denn durch mich selber und nur für mich kann ich nicht gut sein und außerdem sind „gut“ und „schlecht“ auch sozial determiniert. Am ehesten würde ich sagen, dass ich das bin worüber ich lachen und weinen kann, was mich glücklich und traurig macht, die emotionalen Moment jenseits der Worte, ich bin das was ich tue, deshalb ist die Frage „Wer bist du?“ meiner Ansicht nach hohl, sie geht in die falsche Richtung. Sie fragt sozusagen nach einem Zustand während das „Ich“ ein dynamischer Prozess zu sein scheint, alles andere sind hübsche Etikette die man mir aufgeklebt hat, nett um meine spezielle Schublade zu kennzeichnen aber im Grunde austauschbar. Ob ich jetzt Dan, Mike oder Tom bin ändert daran gar nichts (obwohl wir uns extrem stark mit dem eigenen Namen identifizieren).

Fazit? Braucht es ein Fazit? Grundsätzlich kann der Mensch alles sein was er will, gut Böse, Monster und Engel. Alles was es braucht ist eine bewusste Entscheidung in die eine oder  andere Richtung denn bisher eierten wir als globales System irgendwie so rum. Menschen die auf ihr Herz hören braucht es. Ansonsten können wir eigentlich gleich einpacken und die Geschichte den Löwen, Tigern, Eisbären, Robben, Kakerlaken, Schildkröten, Haien, Pelikanen, Gnus usw überlassen – wobei es sicher für die einfacher wäre ohne uns. Die wird es nämlich dank uns vielleicht bald nicht mehr geben und wie sagte Terry Pratchett ungefähr? Eine Welt mit Tigern drin ist eine bessere Welt, zumindest für die Tiger. Und was Haie angeht – ich krieg immer ne Gänsehaut wenn ich dran denke wie furchtbar beschissen es sein muss zu den vielleicht erfolgreichsten und ausgefeiltesten Designerstücken der Evolution zu gehören und dann einfach ausgerottet zu werden werden weil ein paar haarlose Affen am anderen Ende der Welt Haifischflossensuppe für eine Delikatesse halten.

Und ich stimmte Pratchett völlig zu: Sicher, die Evolution hat 99% aller Lebensformen ausgerottet die jemals gelebt haben aber sollten wir nicht etwas klüger sein als ein Eisball aus den tiefen des Alls oder ein verdammter Vulkan?

Wie gesagt, wir können alles sein – nur wenn wir uns entscheiden Todesengel für all diese Tiere zu spielen sollten wir uns auf das Menschsein etwas weniger einbilden.

 

Der Dunkle Brunnen

Woher die Ideen kommen weiß ich eigentlich nicht so recht. Manchmal stellen Menschen mir diese Frage, komisch eigentlich, als ob es einen Unterschied machen würde wo die Ideen her kommen. Vielleicht sind sie aber auch einfach nur neugierig und ich zu misstrauisch. So gesehen kann ich schon sagen, dass sich alles worüber ich schreibe auf einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Begebenheit zurückführen lässt, mehr oder weniger. Aber das ja nicht die Idee, höchstens ein Impuls und meistens ein schwacher noch dazu.

Vor ewig langer Zeit saß ich in einem Bus auf der Fahrt vom Bodensee nach Siebenbürgen in Rumänien, eine geradezu mörderische Busreise und damit meine ich noch nicht mal den Zustand der Straßen ab zirka der ungarischen Grenze. Ich meine die bleierne Langeweile, eingesperrt mit einer ganzen Klasse von Menschen mit denen ich meine Freizeit normalerweise nie verbracht hätte. Meine einzigen Waffen waren ein Notizblock, Stifte und mein CD-Walkman mit genügend Munition für etwa die Hälfte der Strecke, ab dort musste ich musikalisch von vorne anfangen. Soll ich noch erwähnen, dass der Fahrer sich einen Spaß daraus machte in unregelmäßigen Abständen „Coco Jumbo“ von Mr. President zu spielen?  Als gerade Mike Oldfield „Poison Arrows“ spielte kam mir die Idee für eine Geschichte in der ein mysteriöser Jäger scheinbar grundlos Menschen tötet, mit vergifteten Pfeilen. Später stellt sich heraus, dass er gezielt Menschen ausschaltet, die in weiterer Folge für ein schreckliches Ereignis zuständig wären.  Der Kern der Geschichte kam aus dem Lied, alles andere ergab sich dann fast von selbst.

Die Grundidee zur Anhalterin in Schwarz kam mir bei einer Autofahrt mit einem Kollegen von der Universität als wir am Straßenrand im Regen ein junges Mädchen im Gothic-Outfit stehen sahen. Die Grundidee meines Magnum Opus „Alexis“ entstand auf einer Studienfahrt nach Santorin als wir diese riesigen, ausgegrabenen Straßenzüge unter der Vulkanasche besichtigt habe, vor allem die immer noch nicht wirklich entzifferte Schrift Linear A der dortigen Kultur hat mich nicht mehr losgelassen. Da stellte sich mir die Frage was wäre wenn in diesen Ruinen eine Kultur von Magier gelebt hätte die einer großen Katastrophe zum Opfer gefallen sind in deren Verlauf sie sich selbst geopfert hatten um die Welt zu retten.  Am gleichen Ort hatte ich auch die Idee von der Namenlosen mit dem Silberschwert, der Funke dafür war eine Freundin im hellen Sonnenlicht Griechenlands.

Das alles sind aber nur Initialzündungen, sozusagen, woher der Rest kommt…. ich glaube von einem gänzlich anderen Ort. Das lässt sich schwer mit Worten fassen weil man da auch nicht einfach hingehen und sich bedienen kann, zumindest ich nicht, wie das bei den anderen steht ist für mich schwer beurteilbar.

An manchen Tagen, so wie heute, wenn es draußen schon dunkel ist, im Haus seltsame Geräusche durch die Rohre wandern und ich mich frage wie der nächste Tag wohl sein wird, dann ist mir fast so als wäre die Quelle aus der die Ideen kommen ein dunkler Brunnen auf einem weiten Feld, von dichtem Wald umgeben. Jene Welt hier draußen ist unendlich weit von diesem Feld entfernt. Es könnte gut das Feld meiner Seele sein und der Brunnen in Wirklichkeit ein Schacht der hinunterführt an die Orte die ich mir selbst nicht eingestehen will, dort wo das Kind in mir all seine Ängste packte und der Erwachsene am liebsten einen Mühlstein drüber schieben würde, auf dass ja nichts mehr nach oben käme. Das Kind weiß instinktiv, dass der Mühlstein keine gute Idee ist, beinahe so als würde man einen vollständig geschlossenen Kessel, bis oben hin mit Wasser gefühlt, auf eine glühende Herdplatte stellen. Dumm.

Nein, das Kind nutzt die Ängste kreativ, wandelt sie um in Bilder, Reime, erfundene Geschichten und Spiele (bin ja schwerst fasziniert von Himmel-und-Hölle, vor allem in der englischsprachigen Welt wo es oft mit Magpie-Reimen kombiniert wird). Diese dunklen Orte, dort wo die Pilze und Moose der Seele wachsen, vor diesen fürchten wir uns, wagen nicht den kleinesten Anstandsbesuch. Doch manchmal, in Albträumen vielleicht, holen diese Orte ein, sie verschlingen und trieben dir den Angstschweiß auf die Stirn bis du schreiend aus dem Bett hoch fährst. Aber muss das so sein? Ich glaube nicht. Ein Ungeheuer ist ein Ungeheuer weil wir seinen Anblick nicht gewohnt sind, es tut Dinge die wir nicht verstehen und hält sich nicht an die kleinen hübschen Regel die wir im hellen Licht der Sonne auf Post-It-Zetteln an den Kühlschrank unseres Bewusstseins heften. Das Ungeheuer ist rohe Schaffenskraft, die unendlichen Möglichkeiten die das Leben bietet. Schlägt ihm das Leben, unsere Erziehung oder Enttäuschung einen Kopf ab dann wachsen zwei neue nach. Dieses rohe Potential könnte uns zu den Sternen tragen und doch wird es unterdrückt. Warum? Das Ungeheuer bedroht unsere Kultur die auf Anpassung, Unterdrückung von roher Energie beruht. Betrachten wir doch nur die griechische Mythologie die sich in zwei ganz klar abgegrenzten Phasen teilen lässt: Zum einen die wilden, ungezähmten Titanen, Urkräfte die sich durch nichts bändigen ließen, zum anderen die Olympier, die klassischen griechischen Götter, zum größten Teil langweile Spießer die mit ihren Taten immer irgendwo auf dem Niveau von porschefahrenden Männern ende Vierzig mit Midlifecrisis herumtrieben. Die Götter, Sinnbild der geordneten Kultur, beherrscht durch ein klares Rangsystem unter ihres gleichen besiegen die Titanen, sperrten sie Weg in die Tiefen des Tartaros, so wie das Kind das zum Erwachsenen wird all die Ängste in diesen tiefen Brunnen wirft und fortan so tut als hätte es sie nie gegeben. Ohnehin kann uns die Mythologie viel über das Leben an sich lehren. Komischerweise aber nicht die eigene kulturelle Mythologie (oder Religion), da wir dazu neigen diese wörtlich zu nehmen – hierzu hat aber Joseph Campbell weit bessere Worte gefunden als ich das je könnte. Sobald wir aufhören Mythen als symbolische Weisheiten über das Leben und Anleitung für die eigene Menschwerdung zu sehen und beginnen sie als unverfälschtes Wort von wem auch immer zu betrachten werden Tempel und Kirchen von spirituellen Wegweisern durchs Leben zu toten Museen.

Natürlich war an einem gewissen Punkt der kulturellen Entwicklung der Gesellschaft dieses „Bändigung“ der Bestien beinahe notwendig, nichts stellt für eine Ackerbauern- und Viehzüchterkultur (von der alle modernen Kulturen abstammen) eine größere Gefahr dar als der unberechenbare Individualist, es ist nicht verwunderlich, dass der Schamane (der Inbegriff des Individualisten, des Unangepassten) in jenen ersatzlos gestrichen wurde, verdrängt von einer starren  Priesterkaste die keine geringere Aufgabe hatte und hat als genau diesen Brunnenschacht im Augen zu behalten.

Aber zurück zum Brunnen. Ich glaube er ist, zumindest für mich, die Quelle dessen was ich tue (auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin). Er zieht mich an und macht mir Angst, zu gleichen Teilen. Wenn eine Sternschnuppe aus der Wirklichkeit, irgendein Sinneseindruck, in diese einsame Welt eindringt, dann spiegelt er sich im kalten, schwarzen Wasser des Brunnens wieder. Das ist der Augenblick an dem aus einem Impuls eine Idee wird. Das Wasser reflektiert den Eindruck nie so wie er aus der Wirklichkeit kam sondern es verzerrt ihn, verändert die Konturen, reichert das schwache Licht mit der Fluoreszenz der Tiefe an. Aus der balssen, freundlichen Frau wird ein reuevoller Todesengel, die harmlose Anhalterin lockt dich in ein verlassenes Haus um mit deiner Seele den Raum der Ewigkeit zu befeuern und das Mädchen von der anderen Straßenseite, die Unscheinbare, ist es eigentlich in deren Traum wir alle Leben.

Dann sehe ich dort unten am Grund des Brunnens die alten Ängste tanzen, die Monster und Ungeheuer meiner Kindheit und ich denke mir, dass sie vielleicht gar nicht so schlimm sind sondern einfach nur missverstanden. Ihre Aufgabe könnte gewesen sein uns zu lehren, dass ein bisschen Chaos gar nicht so schlecht ist, ein wenig Unordnung unsere Seele nicht aus der Bahn werfen würde und eine Priese Dunkelheit in unserer lichtverliebten Welt den Dingen mehr Konturen geben würde. Was ist an einem ewig währenden Tag überhaupt so toll?

Wo holst du deine Inspiration her? Gibt es vielleicht irgendwo da drinnen in dir auch einen solchen Brunnen aber auf einer lichtdurchfluteten Wiese? Wenn das so ist würde ich diesen Ort gerne besuchen.

Ich habe ein kleines Problem mit Castingshows und damit meine ich nicht nur die wirklich üble Qualität samt Fließbandcharme. Nein, mein Problem, sitzt viel tiefer und fängt eigentlich schon bei der Idee an sich an. Man nehme eine Reihe leidlich erfolgreicher Personen aus einer bestimmten Branche, welche ist mittlerweile egal, Deutschland Sucht den Super Metzger (DSSM) kommt sicher bald. Dazu ein langweiliges Bühnenbild, ein paar fetzige Slogans von einem arbeitslosen Grußkartenschreiber sowie ein Name der sich ohne dabei Obszönitäten zu schaffen zu einem aussprechbaren Akronym verarbeiten lässt und fertig ist die nächste Castingshow. Alles was man jetzt noch braucht sind ein paar Leute die mit dem Traum des Tellerwäschers der unbedingt zum Millionär werden wollte, groß wurden und die ganze Sache könnte ein Erfolg werden. Wo ist da das Problem? Bei den Juroren? Sicher nicht, mit irgendwas müssen die ja Geld verdienen. Beim billig Charme des ganzen? Sicher auch nicht, dass an allen Ecken und Enden gespart werden muss ist nichts Neues. Das Problem fängt bei den Kandidaten an.

Nehmen wir mal alles weg, die komischen Frisuren, das übertriebene Gehabe, die Geltungssucht, auch die teils eklatanten Bildungslücken einer Kandidaten  und Komplexe auf allen Seiten. Die Bosse der Sendungen wollen, dass wir uns auf diese Dinge konzentrieren, mit vernebeltem Blick uns vor Lachen über diese Gestalten winden, aber könnten wir für einen Augenblick mal die Teile unseres Gehirns nutzen die uns wirklich zu Menschen machen und versuchen hinter den Zaubertrick aus Schall und Rauch zu sehen? Es wäre ein Anblick der uns in Schrecken über uns selbst versetzen würde, über das wozu wir geworden sind.

Wir haben es mit einer Generation von Jugendlichen zu tun die teilweise in dem Glauben aufgewachsen ist, dass das Geld wirklich auf der Straße liegt, dass man sich nicht einmal mehr bücken muss weil irgendeiner es einem reicht wie eine Einladung zu diesen blöden Shows. Sie kommen aus Familien denen es so schlecht geht wie es den Menschen in Deutschland schon seit 50 Jahren nicht mehr gegangen ist, lebend in ihren Illusionen die von Funk und  Fernsehen geschaffen wurde um sie vom tristen Alltag ihrer Eltern abzulenken. Jede größere soziale Auffangstruktur fehlt ihnen, zwar erhalten sie etwas Geld vom Staat aber das was sie bräuchten – ein funktionales Gefüge in das sie sich einpassen könnte wird leider mit Hartz-IV nicht mitgeliefert. Niemand hat ihnen gesagt wie die Welt dort draußen wirklich aussieht, niemand hat ihnen gesagt wie das Leben vielleicht funktionieren kann. Keine Riten, keine Stämme, nichts, nur Asphaltwüsten und Prediger mit PR Managern im Bett. Natürlich haben sie ihre Idole de ihnen ins Ohr schreien, dass das Leben scheiße ist aber wenn sie genauer hinblicken dann sehen sie, dass diese „Vorbilder“ nur so im Geld schwimmen. Sie wollen so sein wie sie, möglichst exzentrisch, auffallend und laut, das scheint der Weg in ein goldenes Paradies zu sein. Aber wie jedes Paradies wurde auch dieses dazu geschaffen von den wahren Tatsachen abzulenken.

Genau diese Situation nutzen die Castingshows aus, sie bieten einen scheinbaren Ausweg, eine Möglichkeit schnell wegzukommen, irgendwohin, überall hin nur nicht hier. Sie spielen mit den Träumen, Wünschen und Hoffnungen der Verzweifelten, der Alleinegelassenen, der Zurückgelassenen. Im harten Licht der Kamera bekommen sie 5 Minuten Ruhm, für diese kurze Zeit stehen sie im Mittelpunkt, spüren sie wie es wäre wenn der Traum wirklich würde. Und dann ist es vorbei. Das harte Auge der Kamera bricht, die Scheinwerfer gehen aus und sie sind wieder alleine in ihrer kleinen Welt aus der es keinen Ausweg gibt. Alleine. Wieder. Immer. Wer könnte es ihnen verdenken wenn sie daran schlussendlich zerbrechen. Aber das findet natürlich nicht mehr vor der Kamera statt. Aus Pietät? Wohl kaum. Man könnte es eher schlecht verkaufen. Und darum geht es.

Das ist das eine, sie werden die erste 16 Jahre ihres Leben mit Träumen aus allen Ecken und Endend der Welt gemästet wie Gänse, hängend auf der Couch, das Kabel und die Satellitenschüssel der Schlauch in den Magen hinunter. So tropft es Stunde und Stunde bis das böse Werk vollendet. Man hat doch die letzten 20 Jahre systematisch dafür gesorgt, dass das Fernsehen schnellen Schrittes die Bücher ersetzen konnte, ohne wenn und aber. Bücher vermitteln auch Träume aber auch eine andere Weise, auf eine Weise die mit mehr Anstrengung verbunden ist. Wer als Kind ein Buch fertig gelesen zur Seite legte hatte das Gefühl etwas erreicht zu haben. Welches Kind kann das nach einem Film behaupten?

Jetzt bin ich also an dem Punkt – böses Fernsehen, böse Produzenten, böse Politiker. Nein, sage ich, nein, nein und nochmal nein. Meine Welt ist nicht nur schwarz und weiß. Die gibt es auch, irgendwo. In meiner Welt gibt es viele Grautöne, man muss sich selber eine Meinung bilden und vieles ist nicht so wie es scheint. Aber man kann an einem Seil einen Verunglückten ebenso gut aus einem Berghang retten wie jemanden damit erhängen. Grau. Alles.

Warum werden diese Träume genährt, gepflegt und dann gerupft wie eines dieser armen Hühner in jenen teuflischen Fabriken (ja, wer den Menschen kennenlernen will in all seiner blutigen Grausamkeit, Ekelhaftigkeit, ohne die Maske aus Güte und Freundlichkeit, der besuche eine solche Fabrik), warum nur? Weil man es sehen will. Und frau auch. Vielleicht sind wir nicht mehr die geifernden Zuschauer in den Arenen die Gladiatorenkämpfe bestaunen, oder der mittelalterliche Mob am Pranger der den armen Narren dort bespuckt – aber nahe genug dran um  mir Angst zu machen vor dem was in uns steckt.

Und so sitzen Leute, Menschen die ich gut kennen, für freundlich und hilfsbereit halte und in der Regel schätze, Woche für Woche vor den Bildschirmen und beschweren sich darüber, dass  die Castingshows mit jeder Runde langweilig werden weil die „Freaks“ dann schon draußen sind. Was sagt uns das über die menschliche Seele? Wir machen uns über die armen Seelen die im Leben noch nie eine Chance hatten und sich an Strohhalme klammern um ein besseres Blatt Karten zu erhaschen als ihnen das Schicksal gegeben hat lustig. Trampeln noch auf ihren Hoffnungen und Wünschen herum. Schlimmer, dieses ganze Spektakel wird doch ,wenn wir ehrlich sind, nur zu diesem einen Zweck veranstaltet, damit wir uns in unseren kleinen, bedeutungslosen, armen Bildungswüsten nicht gar so schlecht vorkommen, wir zerren jeden hervor den wir finden können den das Schicksal noch härter getreten hat als uns selbst und wir suhlen uns im Abwärtsvergleich, Abend für Abend.

Manchmal möchte ich ja da hin gehen und die alle anschreien: Habt ihr denn keinen Anstand? Keine Moral? Keine Menschlichkeit? Aber zu was für einem Heuchler würde mich das mache? Lebe ich doch im Kleinen genauso nach diesem Prinzip. Immer mit dem Blick am Horizont ob ich nicht jemanden sehe der weniger hat, dem es schlechter geht, um sich selbst aufzuwerten.

Und so werden alle Fragen zu reiner Rhetorik.